Isabella Eckerle über Experten

»Störend ist, dass sich immer mehr ›Experten‹ befähigt fühlen, die Allgemeinheit über Immunologie und Virologie aufzuklären.«
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In einem Interview mit der NZZaS vom 6. September 2020 bemängelt Isabella Eckerle, dass man auf jene Experten hört, die gar keine sind. Und gerne würde sie jene Hausärzte durch ihre Abteilung führen, die noch nie einen Covid-Patienten gesehen haben, aber dennoch glauben, über die Krankheit alles besser zu wissen.
Wer kennt den Weg?

Isabella Eckerle gehört zu den profiliertesten Virologinnen in der Schweiz. Manchmal ärgert sie sich auch, weil ihre Warnungen nicht wahrgenommen werden – oder über Ärzte

»Zum Beispiel in Florida war man im Juni in der Situation, in der wir jetzt sind, es gab die genau gleiche Diskussion. Dort kam es mit der Latenz von mehreren Wochen wieder zum Anstieg der Todesfälle, weil sich das Virus so weit verbreitet hatte, dass es auch in die Risikogruppen eingetragen wurde. Das könnte auch bei uns passieren… Da ist keine Mutation dabei, die bekanntermaßen mit einem weniger schweren Krankheitsverlauf einherginge… Was mich allerdings erstaunt, ist, dass die Zweitinfektion so früh erfolgen kann. Bei Corona-Erkältungsviren geht man davon aus, dass man erst nach 1,5 bis 2 Jahren wieder infiziert werden kann… Die heimliche Hoffnung, dass es alle schon erwischt hat, weil doch ganz viele keine Symptome haben, hat sich nicht bewahrheitet… T-Zellen schützen nicht typischerweise vor einer Infektion, sondern beeinflussen eher den Krankheitsverlauf. Es könnte sein, dass eine frühere Coronavirus-Infektion zu einem milderen Verlauf führt… Dass so ein spezielles Thema (wie die T-Zellen) solche Aufmerksamkeit erhält, hätte wohl niemand gedacht. Es ist vielleicht eine Art Wunschdenken: eine unentdeckte immunologische Komponente, die zeigt, dass wir schon alle geschützt sind… Störend ist, dass sich immer mehr ‘Experten’ befähigt fühlen, die Allgemeinheit über Immunologie und Virologie aufzuklären… In den USA steigen die Infektionen bei den Kindern viel stärker an als in der allgemeinen Bevölkerung… Wenn Kinder infiziert sind, haben sie eine genauso hohe Viruslast wie Erwachsene. Es kann sein, dass sie etwas weniger ansteckend sind, weil sie weniger husten und die Aerosole aufgrund ihrer Größe etwas niedriger in den Raum abgegeben werden… Uns Ärzten gibt man viel Vertrauensvorschuss, aber wenn gewisse Kollegen gezielt Fehlinformationen verbreiten, dann schadet das dem ganzen Berufsstand… Ich vermute, dass (solche Ärzte) keinen einzigen Covid-Patienten gesehen haben. Ich hätte sie gerne im April eingeladen, durch unsere Intensivstationen zu laufen. Das hat bei mir Gänsehaut ausgelöst.«

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Virus

Der Pandemieplan Schweiz, in der aktuellen Fassung der Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018, ist ein Planungsinstrument, das Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung der Schweiz auf eine (Influenza-)Pandemie dokumentiert. Er wird von der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegeben.

Der erste Pandemieplan für die Schweiz wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Robert Steffen ausgearbeitet. Die Vorarbeiten wurden 1995 begonnen; der erste schweizerische Influenza-Pandemieplan wurde im Jahr 2004 veröffentlicht. Ein zentrales Anliegen sei laut Steffen dabei gewesen, dem Bund die Führung zu überlassen.

Nach den Erfahrungen in der Bewältigung der Influenza-Pandemie 2009 wurde der Schweizer Pandemieplan vollständig revidiert.

Kristian G. Andersen et al, The proximal origin of SARS-CoV-2, 

(abgerufen am 2.5.2020)