Kuriositätenkabinett I

Bemerkenswerte neue Erkenntnisse
Theorien zum Virus blühen in voller Pracht. Die üblichen Verdächtigen stehen hinter der Ausbreitung der Krankheit, meist weil sie Geld und Macht haben. Ersteres wollen sie mehren, Letzteres ausbauen. Und dann gibt es noch andere lustige Dinge.
Aleksandra Mir, Venezia
Aleksandra Mir, Venezia
Aleksandra Mir, Venezia

Theorien zum Virus blühen in voller Pracht. Wobei: Was ist eine Theorie? Sind es nicht eher Mythen? Oder Fantasy-Erzählungen? Item. Die üblichen Verdächtigen stehen hinter der Ausbreitung der Krankheit, meist weil sie Geld und Macht haben und das eine mehren und das andere ausbauen wollen. Ihnen werden aber neue Partner zur Seite gestellt. Beispielsweise steckt der Immunologe und US-Regierungsberater Anthony Fauci unter einer Decke mit Bill Gates und George Soros. Ziel ist die Weltherrschaft. Man nehme alles und mixe es zusammen. Hier eine nicht abschließende Liste origineller und nicht so origineller Ansätze:

Zum Beispiel: Ein Kommentar auf dem Internetportal KenFM, wobei hier für einmal nicht der allgegenwärtige Missionschef Ken Jebsen (mit richtigem Namen: Kayvan Soufi Siavash), sondern Ernst Wolff paraphrasiert wird: Politik und Medien hätten nun zwei Monate lang eine panische Angst verbreitet über eine Krankheit, die kaum gefährlicher war, als eine normale Grippe. Irreführende Fallzahlen, fehlgeleitete Experten und die Machenschaften von Medizinern, die hinter dem Lockdown stehen, kämen nun endlich an die Öffentlichkeit, beispielsweise durch Trumps Haussender FOX-News. Die Stimmung kippe langsam und die wahren Hintergründe würden aufgedeckt: »(Die Aufgabe der Politik und der Medien) diente ganz offensichtlich dazu, den wahren Herrschern unserer Welt, nämlich den Hedgefonds und Großbanken, einen kontrollierten Crash des globalen Wirtschafts- und Finanzsystems zu ermöglichen und möglichst viele demokratische Rechte abzuschaffen, um den Widerstand gegen den Aufbau eines neuen Systems im Keim ersticken zu können. Das nämlich wird mit Sicherheit stark faschistische Züge tragen – unter anderem durch die Zerstörung des Mittelstandes, die Überwachung der Bürger mittels biometrischer Erfassung, die Abschaffung des Bargeldes, den Impfzwang und die Einführung einer digitalen Identität.« Ref.

Zum Beispiel: Der Kalif der islamischen Bruderschaft der Mouriden in Senegal erklärt: »Es ist Gott, der die Personen auswählt, die krank werden, und diejenigen, die von der Pandemie verschont werden… Das Gebet ist unsere grundsätzliche Waffe.«

Zum Beispiel: In Quartieren, in denen die radikalsten Anhänger der antizionistischen und ultraorthodoxen Haredim wohnen, hängen Plakate, die das Coronavirus als Strafe für unanständig angezogene Frauen sehen. Pandemiemaßnahmen der israelischen Regierung werden nicht befolgt, die Thora bietet ausreichend Schutz.

Zum Beispiel: Der Churer Weihbischof Marian Eleganti will die Maßnahmen ebenfalls nicht einhalten. Er will die Eucharistiefeiern nicht absagen und die Weihwasserbecken nicht leeren, wie das die Schweizer Bischofskonferenz beschlossen hatte. Er glaubt an die »übernatürliche Kraft der Gegenwart Gottes in der heiligen Hostie, die der Leib Christi ist.« Eleganti wurde von seinem Vorgesetzten einen Maulkorb umgebunden.

Zum Beispiel: Die Ostschweizer Esoterikerin Christina von Dreien ruft über eine Webseite Ref. alle dazu auf, am 5. April um 4 Uhr 45 zu meditieren (Jupiter-Pluto-Konjunktion), um das Virus auszulöschen. Die Wissenschaft hätte bewiesen, dass Massenmeditationen positive Auswirkungen zeitigten. Wenn also alle mitmachen, würde sich eine »Säule aus strahlend weißem Licht« erheben, die alle »auf der Erde verbliebenen Coronaviren umwandelt, alle infizierten Gebiete auf dem Planeten desinfiziert, alle Patienten heilt, alle mit dieser Epidemie verbundenen Ängste beseitigt und die Stabilität wiederherstellt.« 144’000 Menschen müssen mitmachen, dann wird eine »massive heilende Kettenreaktion im weltweiten Energiefeld« ausgelöst. Das Virus sei von den Mächtigen in die Welt gesetzt worden, denn sie »möchten… ihre Pläne weiter verwirklichen. Heisst doch Corona nichts anderes als Krone. Die Krone auf dem Plan, der Schlussstein.« Ref.

Zum Beispiel: Der Berliner russisch-orthodoxe Erzbischof sieht im Virus eine Strafe Gottes für Transsexualität und Sterbehilfe.

Zum Beispiel: Der russische Staatssender Erster Kanal teilt mit, dass das Coronavirus ursprünglich eine biologische Waffe der USA sei, die zum Ziel hat, ihre Gegner zu dezimieren.

Zum Beispiel: #FilmYourHospital. Dass das US-Gesundheitssystem hart an seine Kapazitätsgrenzen stösst, ist eine Erfindung der Medien und der Linken. Zittrige Handyaufnahmen von leeren Spitaleinfahrten, verwaisten Krankhäusern und – ohnehin sehr beliebt – Berichten von Augenzeugen beweisen dies.

Zum Beispiel: Das ganze Coronavirustheater ist vom CIA inszeniert. Es soll die Nominierung von Bernie Sanders verhindern.

Zum Beispiel: Das ganze Coronavirustheater ist von den Linken inszeniert. Es soll die Wiederwahl von Donald Trump verhindern.

Zum Selberausfüllen: Das ganze Coronavirustheater ist von … inszeniert. Es soll die Wiederwahl/Wahl von … verhindern.

 

Weitere Kuriositäten:

Plakat in Solothurn

 

Virenbekämpfung, sprachlich

»Turkmenistan streicht das Wort Coronavirus.« Die dpa meldet, dass in Turkmenistan in den Informationsbroschüren der Behörden über die neuartige Seuche das Wort »Coronavirus« gestrichen wird. Selbst wer die Pandemie in Privatgesprächen verwendet, kann verhaftet werden. Turkmenistan wird autoritär regiert. Verfassungsmäßig als eine Präsidialrepublik ausgerufen, genießt der Präsident nahezu diktatorische Vollmachten. Das gegenwärtige Oberhaupt Gurbanguly Berdimuhamedow sitzt seit 2006 im Amt. Dank einer Verfassungsänderung im Jahre 2016, die die Altersobergrenze für Präsidenten von 70 Jahren aufgehoben hat, konnte er 2017 wiedergewählt werden.

Zuerst war nicht klar, ob es sich bei dieser Meldung um einen 1.-April-Scherz handelt, da sie justament an diesem Tag veröffentlicht wurde. Offenbar ist das nicht der Fall.

Virenbekämpfung, devirologisierend

In Tansania wurde am 29. April 2020 das einzige Testlabor des Landes geschlossen. Die zuständige Virologin wurde entlassen. Ab dem 7. Mai wurden wunderlicherweise keine Coronafälle mehr gemeldet. Am 8. Juni erklärte Präsident John Magufuli das Land als coronafrei. Berichte über Covidfälle wurden als Falschmeldungen bezeichnet. Bei Unwohlsein sollen Dampf-Inhalationen, heimische Kräuter und Gebete helfen. Nachdem der Vizepräsident und der Generalsekretär Anfang 2021 an Covid gestorben waren, erhöhte sich der Druck auf Magafuli. Am 17. März 2021 erlag er an einer Krankheit. Nicht sehr überraschend hält sich hartnäckig das Gerücht, er sei an Corona gestorben. Magafulis Nachfolgerin Samia Suluhu Hassan schlug eine vorsichtige Kehrwende ein.

Tennis und Golf

Tschechien war eines der ersten Länder, das restriktive Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ergriffen hatte. Zehn Tage nach der ersten Infektion wurde der Kultur- und Freizeitsektor eingedämmt, nach elf Tagen der Ausnahmezustand verhängt und nach fünfzehn Tagen, am 12. März 2020, wurden die Grenzen dicht gemacht. An die frische Luft darf man höchstens zu zweit und nur mit Mundschutz. Nun werden die Maßnahmen etwas gelockert, erste Geschäfte dürfen wieder öffnen, müssen aber strenge Hygieneregeln befolgen. Gleichwohl wurde der Ausnahmezustand um dreißig Tage verlängert. Erlaubt sind zudem wieder Individualsportarten sowie Tennis und Golf.

Es ist nicht bekannt, ob Ministerpräsident Andrej Babis, Golf spielt. Unter Milliardären soll es sich aber um eine beliebte Freizeitaktivität handeln.

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Virus

Der Pandemieplan Schweiz, in der aktuellen Fassung der Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018, ist ein Planungsinstrument, das Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung der Schweiz auf eine (Influenza-)Pandemie dokumentiert. Er wird von der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegeben.

Der erste Pandemieplan für die Schweiz wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Robert Steffen ausgearbeitet. Die Vorarbeiten wurden 1995 begonnen; der erste schweizerische Influenza-Pandemieplan wurde im Jahr 2004 veröffentlicht. Ein zentrales Anliegen sei laut Steffen dabei gewesen, dem Bund die Führung zu überlassen.

Nach den Erfahrungen in der Bewältigung der Influenza-Pandemie 2009 wurde der Schweizer Pandemieplan vollständig revidiert.

Kristian G. Andersen et al, The proximal origin of SARS-CoV-2, 

(abgerufen am 2.5.2020)