Michelle Steinbeck über einen neuen Mitbewohner

Der neue kleine Mitbewohner verdirbt einem die Laune, obwohl man ihn gar nie sieht.
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Michelle Steinbeck in der WoZ vom 17. September 2020: »Es gibt Momente, in denen Du vergisst, dass dieser Perversling deine Wohnung besetzt. Doch Du bleibst nervös, verfolgt, wütend.«
Michelle Steinbeck auf dem Flug in die Vorlesung

Wir müssen uns mit dem neuen Virus arrangieren. So tönen allenthalben die Botschaften von Wissenschaftlern, Beamten und Politikern. Leider ist dieses neue Virus ein ungebetener Gast und sich an ihn zu gewöhnen bereitet Sorgen, zuweilen Unmut. Auch der Autorin Michelle Steinbeck. Man merkt es daran, dass man nachts die Zimmertüre schließt, nicht mehr im Wohnzimmer isst und andauernd die Gäste warnt. »Du hast gelernt, ihn zu ignorieren und ihm gleichzeitig aus dem Weg zu gehen. Es gibt Momente, in denen Du vergisst, dass dieser Perversling deine Wohnung besetzt. Doch Du bleibst nervös, verfolgt, wütend. Schwankst ständig zwischen Angriff und Rückzug, zwischen Provokation und Ergeben. So einer ist Covid.« Auch psychisch bestimmt dieser Covid unseren Alltag. An Raves geht man mit einem mulmigen Gefühl, Veranstaltungen werden angekündigt und wieder abgeblasen, hüstelnde Hörer an Lesungen werden schief angeschaut und man macht nachher einen großen Bogen um sie. Es ist ein ständiger Kampf zwischen »Zu-locker-und zu-verkrampft-Sein«. Der Ausnahmezustand des Frühlings mit Balkonpflanzen und der vergeblichen Hoffnung auf eine Kursänderung ist von einem halbwegs normalen Zustand im Frühherbst mutiert. Der Himmel düstert sich aber ein, die Wolken werden dunkler. Jene, die anfangs dachten, es ginge ihnen nun an den Kragen, haben profitiert und richten sich auf ihrem Luxusplatz ein. Jene, denen es nicht so gut ging, sind nun ganz mies dran. Die Pole driften auseinander. Und Michelle Steinbeck? Sie bereitet sich auf das neue Semester vor. Die viel zu »selten gewaschene Maske und das quasi leere Desinfektionsfläschchen, das meist zuhause vergessen bleibt, der halbherzige Sicherheitsabstand und die Umarmungen mit schlechtem Gewissen, das sieht einfach nicht elegant aus.« Auf einer italienischen Zeitschrift ist ein Junge in Astronautenkluft abgebildet. Das ist es, denkt sich die Autorin. Mit dieser Uniform wird sie sich auch im Zoom-Seminar gut machen (Vgl. auch Albrecht Koschorke). Es lebt sich auch so mit dem Virus zusammen.

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Virus

Der Pandemieplan Schweiz, in der aktuellen Fassung der Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018, ist ein Planungsinstrument, das Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung der Schweiz auf eine (Influenza-)Pandemie dokumentiert. Er wird von der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegeben.

Der erste Pandemieplan für die Schweiz wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Robert Steffen ausgearbeitet. Die Vorarbeiten wurden 1995 begonnen; der erste schweizerische Influenza-Pandemieplan wurde im Jahr 2004 veröffentlicht. Ein zentrales Anliegen sei laut Steffen dabei gewesen, dem Bund die Führung zu überlassen.

Nach den Erfahrungen in der Bewältigung der Influenza-Pandemie 2009 wurde der Schweizer Pandemieplan vollständig revidiert.

Kristian G. Andersen et al, The proximal origin of SARS-CoV-2, 

(abgerufen am 2.5.2020)