Das Virus erreicht die Schweiz

Stichwörter zur Entwicklung in der Schweiz im März 2020
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Icon Zum Gang der Pandemie

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Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sagt am 16. März 2020: »Wir brauchen jetzt auch die Bevölkerung, die sich an die Maßnahmen hält… Jetzt muss ein Ruck durch unser Land gehen… Nehmt diese Maßnahmen ernst.«
Darth Vader: »Du weißt nicht, wie stark die dunkle Seite der Macht sein kann.«

5. März 2020

Todesfall in der Schweiz

Neun Tage nachdem der erste Fall einer Ansteckung bekannt wird, stirbt in der Waadt eine vorerkrankte Patientin am SARS-CoV-2. Die Schweiz verzeichnet das erste Todesopfer aufgrund des neuen Virus. Das heißt, aufgrund der Inkubationszeit und des Krankheitsverlaufs musste sich diese Person schon vor Bekanntwerden des ersten Falls infiziert haben.

11. März 2020

Notstand im Tessin und Corona ist eine Pandemie

Kinos, Clubs, einzelne Grenzposten und einige Schulen im Tessin werden geschlossen.

Die WHO lässt verlauten, dass Corona eine Pandemie sei.

Wir alle sind betroffen.

13. und 16. März 2020

Neue Maßnahmen

Die Ausbreitung des Coronavirus beschleunigt sich. Am 13. März sagt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. »Meine Damen und Herren, die Situation ist schwierig.« Gemäß BAG gibt es 1850 laborbestätigte Fälle, 11 Patienten sind gestorben. Es wird die »besondere Lage« ausgerufen. Gesundheitsminister Berset sagt: »Der Bundesrat hat beschlossen, dass jegliche Veranstaltung mit über hundert Personen verboten ist, sei sie privat oder öffentlich. Dies gilt bis am 30. April und ab sofort … Wir müssen jetzt den gesamten Rhythmus der Gesellschaft verlangsamen, wir müssen die Verbreitung des Virus verlangsamen, wir müssen alles unternehmen, um zu verhindern, dass die Generationen untereinander Kontakt haben… Wir appellieren auch an die individuelle Verantwortung… Wir müssen dabei auch unsere Freizeitaktivitäten unterbinden, dies zum Schutz der älteren Menschen. Wir müssen dabei solidarisch vorgehen. Wir müssen als Gesellschaft insgesamt diese Maßnahmen tragen und uns bemühen, diese Empfehlungen einzuhalten.« Unter anderem werden folgende Maßnahmen getroffen: Die öffentlichen Schulen werden geschlossen, Veranstaltungen mit über 100 Personen sind verboten.

Bis am 16. März werden in der Schweiz insgesamt 3568 Fälle und 31 Todesopfer gezählt. Der Bundesrat erlässt neue Maßnahmen. Sommaruga sagt: »… der Bundesrat hat heute entschieden, die Situation als ‘außerordentliche Lage’ zu erklären… Wir brauchen jetzt auch die Bevölkerung, die sich an die Maßnahmen hält… Jetzt muss ein Ruck durch unser Land gehen… Nehmt diese Maßnahmen ernst.« Das Berufsleben und das öffentliche Leben werden stark eingeschränkt, außer Lebensmittelläden, Weinhandlungen, Apotheken und ähnliches müssen die Geschäfte schließen. 8000 Armeeangehörige erhalten den Marschbefehl.

26. März 2020

Gesundheitsökonomie: Zitate aus der WOZ

Willy Oggier … ein einflussreicher Mann im Schweizer Gesundheitswesen… sagt: »Wir können unsere ganze Strategie nicht nur an einem Ereignis ausrichten, das alle zehn Jahre auftritt… Die Spitäler setzen viel zu fest auf die Chirurgie, wichtige Felder wie die Epidemiologie wurden sträflich vernachlässigt.« … Es fehle in der Schweiz der Fokus auf Public Health, also die allgemeine Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Jedes Spital und jeder Kanton schaue vor allem für sich und dafür, dass die Erträge stimmen – »so können wir die Probleme der Zukunft nicht antizipieren… Wir wurden zigmal auf neue Infektionsgefahren aufmerksam gemacht, trotzdem wurde viel zu wenig in die Vorsorge investiert.«

Genau diesen Befund bestätigt auch Thomas Zeltner, langjähriger Direktor des Bundesamts für Gesundheit. In einem Gutachten für das Verteidigungsdepartement, das Ende 2018 entstand… warnt Zeltner, in der Schweiz würden über 4000 Betten fehlen, um eine Epidemie zu bewältigen. Er befürchtet eine weitere Verknappung der Ressourcen: In den milliardenschweren Neubauprojekten der Schweizer Spitäler seien keine Reservekapazitäten eingeplant…
Der Gesundheitsökonom Simon Wieser von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur glaubt nicht an einen Kurswechsel. Er hofft auch nicht darauf: »Es gibt Überkapazitäten, und es wird zu viel behandelt.« … Es würden weiterhin Spitäler geschlossen werden müssen, »sonst kriegen wir die hohen Krankenkassenprämien nicht in den Griff und können die Behandlungsqualität nicht steigern«.

Auch Ökonomin Mascha Madörin zweifelt an einem Lerneffekt, sie allerdings bedauert das. Die Knappheit der Ressourcen zwang die Behörden…, hochproblematische Handlungsprinzipien zu definieren. Für Madörin liegt die Ursache für diese Entwicklung in »spitalpolitisch produzierten Engpässen« … Seit Jahren spreche man davon, dass das Gesundheitswesen zu teuer sei. Auch SP-Gesundheitsminister Alain Berset ist bisher von dieser Politik der verschlankten Produktion ausgegangen, davon, Reserven und insbesondere Zeitaufwand in der Pflege und der medizinischen Behandlung abzubauen… Die Austeritätspolitik führe dazu, dass die Spielräume zu klein werden. »Bis jetzt liegt der Fokus in unserer Gesundheitspolitik immer auf der Frage, wie viel etwas kostet und ob sich das finanzieren lässt.« Die Finanzierungsfrage sei aber die letzte, die gestellt werden müsse. »Bevor wir übers Geld reden, müssen wir definieren, was für ein Gesundheitssystem wir wollen.«

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Virus

Der Pandemieplan Schweiz, in der aktuellen Fassung der Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018, ist ein Planungsinstrument, das Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung der Schweiz auf eine (Influenza-)Pandemie dokumentiert. Er wird von der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegeben.

Der erste Pandemieplan für die Schweiz wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Robert Steffen ausgearbeitet. Die Vorarbeiten wurden 1995 begonnen; der erste schweizerische Influenza-Pandemieplan wurde im Jahr 2004 veröffentlicht. Ein zentrales Anliegen sei laut Steffen dabei gewesen, dem Bund die Führung zu überlassen.

Nach den Erfahrungen in der Bewältigung der Influenza-Pandemie 2009 wurde der Schweizer Pandemieplan vollständig revidiert.

Kristian G. Andersen et al, The proximal origin of SARS-CoV-2, 

(abgerufen am 2.5.2020)