Vorsicht beim Jassen: »Die verseuchte Herzdame«

Beim Skat oder beim Jassen geschieht’s. Über die Logik der Schmierinfektion.
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Reto U. Schneider fasst in der NZZ vom 11. April 2020 eine Studie von Christopher Andrewes von der Common Cold Unit in Salisbury (das britische Institut für Erkältungsforschung) aus den 1950er Jahren zusammen. Andrewes wollte herausfinden, wie sich eine Erkältung ausbreiten kann. Ein eindrückliches Experiment.
Nach dem Fondue...
... klopfen wie einen Jass (ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Fotograf: Comet Photo AG, Zürich).

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sagt an der Medienkonferenz des Bundesrats vom 16. März 2020, an der der Lockdown light verkündet wurde: »Das heißt konkret, dass die Jassgruppe im Restaurant ihren Jassabend nicht mehr durchführen kann.« NZZ-Redaktor Reto U. Schneider fasst eine Studie von Christopher Andrewes von der Common Cold Unit in Salisbury (das britische Institut für Erkältungsforschung) aus den 1950er Jahren zusammen. Andrewes wollte herausfinden, wie sich eine Erkältung ausbreiten kann. Um einen Tisch saßen vier Personen und spielten während mehreren Stunden ein paar Partien Bridge. Einer der Spieler mimte einen Erkälteten. An seiner Nase war ein Gummischlauch befestigt, durch den jene Menge Flüssigkeit zugeführt wurde, die bei einer Erkältung an die Umgebung abgegeben würde, die Nase lief also. Die Flüssigkeit »wurde mit einem fluoreszierenden Farbstoff versehen, der unter ultraviolettem Licht leuchtete.« Ref. Alle Spieler verhielten sich normal. Ab und zu griff sich der »erkältete« Spieler mit dem Taschentuch an die Nase, um sie abzuwischen. Nach dem Spiel wurde mit dem UV-Lampe das Zimmer ausgeleuchtet, die fluoreszierende Flüssigkeit war überall zu sehen, auf dem Tisch, an den Tassen, an den Karten und an den Mitspielern. Andrewes sprach von einer »schrecklichen Wahrheit«. Weitere Untersuchungen am Institut von Salisbury, an den auch der später bekannte gewordene Wissenschaftler James Lovelook mitarbeitete, erhärteten die These, dass die sogenannte »Schmierinfektion« bei Erkältungsviren eine große Rolle spielt. Allerdings gab es aus anderen Untersuchungen auch begründete Hinweise auf eine Tröpfcheninfektion. Wie sich das SARS-CoV-2 verbreitet, ist noch weitgehend unbekannt. Das Robert-Koch-Institut, aber auch Christian Drosten gehen davon aus, dass es häufig zu direkten Übertragungen durch Tröpfchen kommt. Schneider schließt den Artikel mit dem Vorschlag: »Vielleicht könnte eine Runde Poker diese Frage besser klären, doch davon ist im Moment abzuraten.« Folgen wir den Empfehlungen der Bundespräsidentin, werden wir unsere Jassabende ohnehin zuhause mit der Chatplattform von zoom oder so, einem passenden Jass-App und viel Bier durchführen.

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Virus

NZZ, Die verseuchte Herzdame, NZZ, 11. April 2020, S. 41

Der Pandemieplan Schweiz, in der aktuellen Fassung der Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018, ist ein Planungsinstrument, das Strategien und Massnahmen zur Vorbereitung der Schweiz auf eine (Influenza-)Pandemie dokumentiert. Er wird von der Eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP) und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) herausgegeben.

Der erste Pandemieplan für die Schweiz wurde von einer Arbeitsgruppe unter Leitung von Robert Steffen ausgearbeitet. Die Vorarbeiten wurden 1995 begonnen; der erste schweizerische Influenza-Pandemieplan wurde im Jahr 2004 veröffentlicht. Ein zentrales Anliegen sei laut Steffen dabei gewesen, dem Bund die Führung zu überlassen.

Nach den Erfahrungen in der Bewältigung der Influenza-Pandemie 2009 wurde der Schweizer Pandemieplan vollständig revidiert.

Kristian G. Andersen et al, The proximal origin of SARS-CoV-2, 

(abgerufen am 2.5.2020)

NZZ, Die verseuchte Herzdame, NZZ, 11. April 2020, S. 41